Treffpunkt TATORT
Am Ende eines jeden Kölner TATORTs kommt das Ritual: Die Kommissare Ballauf und Schenk essen Pommes an jener legendären Bude, die es – wie jeder weiß – in Wahrheit gar nicht gibt. Vielleicht wird ein letztes Mal noch gefrotzelt, aber es endet friedlich, Pommes rotweiß, Currywurst.
Für den Mescheder Benediktinerpater Maurus Runge ist diese Bude mehr also nur die obligatorische Schlussszene, sie ist ein Symbol der guten Schöpfung – auch weil sie die obligatorische Schlussszene ist. Runge hat ein Buch über den TATORT geschrieben, kein Fachbuch, sondern tatsächlich ein Glaubensbuch, das er bei der Buchmesse in Frankfurt der Öffentlichkeit präsentierte. Im Gespräch mit Moderator Renardo Schlegelmilch erläuterte er, wie man sich das Sonntagsabends im Kloster vorzstellen muss. Während die Nation sich um 20.15 Uhr zum Fernsehritual aufs Sofa begibt, beten die Benediktiner noch die Komplet, das Nachtgebet, doch die Mediathek ermöglicht dem Pater, den TATORT zu schauen. Denn er twittert auch eifrig während der Sendung, allerdings nicht immer und unablässig. Als es neulich um einen verbrannten Asylbewerber ging, da hat er abgebrochen. „Das wird mir jetzt zu ernst“, lautete sein letzter Tweed jenes Abends.
Die TATORTe drehen sich um die großen Fragen, über die auch Theologen nachdenken, sagte P. Maurus auf die Frage, wie er dazu gekommen sei, ein Buch über die Krimireihe zu schreiben: Schuld, Versagen, Eifersucht, Trauer, Verzweifelung, Gerechtigkeit. Außerdem erzähle der Tatort immer auch eine Hoffnungsgeschichte: Am Ende sitzt der Böse hinter Gintern, die Guten haben gesiegt und können in Ruhe ihre Pommes essen. Manchmal warte er gerade zu auf die Szene an der Pommesbude. Dann nämlich, so gegen 21.40 Uhr, sei die Ordnung wiederhergestellt, am Ende sei doch alles wieder irgendwie vertraut und gut. Es sind diese Zusagen, die Menschen brauchen, sagte er. Als Kind habe er Ähnliches oft von seiner Mutter gehört. Und auch die Bibel beginne und ende mit dieser Zusage Gottes: Alles ist gut. Das Böse ist zwar nicht vergessen, auch die leidvollen Erfahrungen nicht, aber es habe keine Kraft mehr. Mit dieser Gewissheit ließen sich das Leid, die kleinen und großen Katastrophen, vielleicht (besser) überstehen. „All das“, so Maurus in seinem Buch, „steckt für mich in der kleinen Szene an der Kölner Imbissbude, in der Ballauf und Schenk die Wiederherstellung ihrer kleinen Welt feiern – nicht ohne Opfer, nicht ohne Tote, nicht ohne Leid. Aber doch zumindest anfanghaft erfahrbar, dass alles gut ist.“
Der Autor
Pater Maurus Runge OSB, Jg. 1978, Benediktiner in der Abtei Königsmünster, dort zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Internet und Social Media. Er ist nicht nur bekennender Christ, sondern auch bekennender Fußball- und TATORT-Fan und bewegt sich – nicht nur auf Twitter – im Grenzgebiet dieser drei Interessen. http://www.bonifatius-verlag.de.