Bevor gegen Ende das Kammerspielhafte samt alternativer Wahrheiten immer mehr Raum einnimmt, sieht man in den 60 Minuten zuvor zwei durchaus zweifelhaften Ermittlern zu. Während Punkrock-Kommissar Falke die Lüneburger Provinzermittler über Gebühr aggressiv anfährt, scheint sich Kollegin Grosz in eine alte Bettgeschichte mit dem ehemaligen Kollegen Olaf Spieß zu flüchten. Da kommt es schon mal vor, dass man beim Flirten mit Cocktailgenuss während einer nächtlichen Observation übersieht, dass sich das Zielobjekt gerade durch den Vorderausgang vom Acker macht. Darf man diesen Kommissaren also noch trauen?
Auch die Beantwortung dieser Frage ist Teil des klugen Spiels der Autoren mit dem Zuschauer. "Alles was Sie sagen" ist unter den bisherigen zehn Filmen der zweitbeste TATORT mit Wotan Wilke Möhring als Kommissar. Noch zwingender wurde beim Hamburger Bundespolizisten und seinen beiden Partnerinnen Franziska Weisz und Petra Schmidt-Schaller nur beim Abschied Letzterer, im TATORT "Verbrannt", erzählt. Der viel beachtete Krimi modellierte im Oktober 2015 die wohl wahre Geschichte des in einer Polizeizelle gemeuchelten Asylbewerbers Oury Jalloh nach. Auch wenn "Alles was Sie sagen" nicht an die akribisch dokumentierte Doku-Wucht dieses TV-Highlights heranreicht: Das kleine Falke-Jubiläum zeigt, wohin ein gutes Buch und eine konzentrierte Inszenierung diesen in der Vergangenheit oft überladenen, konfus überambitionierten NDR-TATORT tragen können.