Jens Harzer ist als schwuler Westentaschenbaudelaire mit blasiert gelupfter Oberlippe eine ziemliche Sensation, man kann es schwer anders sagen. Erst unlängst geisterte dieser Ausnahmeschauspieler als sanfter Todesengel durch einen Tukur-TATORT. Wenn sich der eher film- und fernsehscheue Theatergigant im Sonntagskrimi jetzt regelmäßiger die Ehre gibt, wäre das gewiss nicht zum Nachteil der ARD-Reihe. Vor allem aber ist erfreulich, dass die Macher des Hauptstadtkrimis offenbar verstanden haben, dass es sich um genau das handelt: eine Einzelstückreihe.
Der Versuch, dem TATOR mit Gewalt eine moderne Serienkonfektion überzustülpen, versandete in der letzten Berliner Folge "Dunkelfeld" im Lachhaften. Gut, dass diese vielen "horizontal" gestreckten "Backstorys" um die dunkle Vergangenheit der imposanten Arroganzbestie Karow nun auserzählt sind. Der Autor Christoph Darnstädt (er schrieb mit zweifelhafterem Fortune sämtliche Til-Schweiger-TATORTe) und die Regisseurin Vanessa Jopp haben mit "Amour fou" einen Krimi hingestellt, der aus sich selbst heraus begeistert, weil an alles gedacht wurde: an eine überragende Besetzung, rasiermesserscharfe Dialoge, stimmige Milieus und einen kunstvoll verzwickten Fall, der einen bis zur letzten Sekunde in Atem hält. So einfach ist das nämlich. Und doch so schwer.