"Ich kann dich doch nicht ewig durchfüttern, du bist doch hier der Mann" (Lo Rivera)
Wer sich sattgesehen hat an gutgemeinten, immer durchsetzungsfähigen Kommissarinnen im deutschen TV, bekommt Abwechslung und hat es nun mit den Mythos "neue Väter" zu tun. Spätestens seit der Einführung von Elterngeld und Vätermonaten wird in Deutschland über diese Spezies diskutiert. Im Hamburger TATORT tanzen sie wahlweise archaisch ums Feuer, erbringen risikoreiche Liebesbeweise, sind überfordert mit den Ansprüchen, die an sie gestellt werden oder ersticken an Verantwortungsgefühl und emotionalen Abhängigkeiten. Wie an einer glitzernden Kette reihen sich Konflikte, chauvinistische Perlen, Rollenmuster und politische Unkorrektheiten aneinander und sorgen für eine Prise Realismus und Vielschichtigkeit in den dargestellten Männlichkeitsentwürfen. Abgesehen von ein paar aufdringlichen Kameraeinstellungen auf die Hinterseite von Katharina Lorenz gelingt dieser heikle Balanceakt zwischen Tragik, Komik und Spannung. Die Dialoge rutschen, dank souveräner Schauspieler, nie ins Peinliche ab und der Zuschauer darf immer wieder befreiend lachen in einer ansonsten traurig grimmigen Geschichte.
Katz: Büchse der Pandora. Gib das mal im Internet ein und dann weißt du was ich meine.
Falke: Ey Alter, jetzt hör doch mal auf mit deinem Pornokram.
Der nächste TATORT führt das Dreiergespann aus Hamburg auf eine Nordseeinsel. Es ist schwer vorherzusagen, wie es weitergeht mit Falke und seinen beiden Kollegen, aber das TV-Debüt von Regisseur Özgür Yildirim ist eine durchweg gelungene Einführung.
Bleibt zu hoffen, dass sich weder Medien noch Macher beim NDR im Möhring/Schweiger Wettkampf verlieren und diese merkwürdige Hetzjagd nach Quote beim TATORT ein Ende findet. Es bleibt immer die Möglichkeit, dem Credo des ZDF Verwaltungsrats Dieter Grimm zu folgen: "Der gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk legitimiert sich (...) über den Qualitätsstandard".
Nadja Israel