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TATORT: Gestern war kein Tag
Passt scho´
Volksschauspieler Günther Maria Halmer verleiht dem neuesten Münchner Krimi, der an zu vielen ernsten Themen fast gescheitert wäre, Leichtigkeit und Würde.
Ivo Batc findet Max auf dem Friedhof. Bild: BR/Barbara Bauriedl |
"Ich nehme drei von denen da", fordert Max Lasinger, einst erfolgreicher Glaser-Meister und liebevoller Restaurator von Kirchenfenstern, am heimischen Küchentisch. Sein Enkel Tobias bleibt ruhig, redet mit dem alten Mann wie mit einem Kind. "Knödel", sagt er, "die heißen Knödel, Opa". Doch auch Lansinger Senior bleibt gelassen: "Ja, Hauptsache drei davon", meint er - und bekommt seinen Wunsch. Es sind die aus dem Leben gegriffenen, latent schwarzhumorigen Miniaturen, welche die mittlerweile 59. gemeinsame Ermittlungsarbeit der Kriminalkommissare Ivo Batic und Franz Leitmayr diesmal erträglich machen. Die trostlos schweren Themen Altersdemenz und Pflegenotstand (Buch: Pim Richter und Daniela Mohr), die sich der neueste Münchner TATORT Gestern war kein Tag gesucht hat, wären andernfalls kaum zu ertragen.
Ortstermin in der Appartmentwohnung des Erschlagenen, der offenbar doch gar nicht so bescheiden hausen musste, wie es die verstreut herumliegenden, allesamt abgelehnten Anträge auf Hartz IV-Unterstützung nahelegen könnten: Der geschulte Ermittlerblick von Kommissar Batic fällt auf einen weißen Ordner. Darin finden sich zahllose Fotografien von jungen, osteuropäischen Frauen - eine heiße Spur, die Schlimmes erahnen lässt.
Die Familie Lasinger mit Rechtsanwalt Roggendorf. Bild: BR/Barbara Bauriedl |
Kurze Zeit später Aufatmen bei den Zuschauern: Wenigstens hatte Bernd Lasinger, der zu Beginn erschlagen in der urig-romantischen Meister-Eder-Werkstatt seines altersdementen Vaters Max aufgefunden wurde, nicht auch noch als Zuhälter gearbeitet. Die Bulgarinnen aus ärmlichsten Verhältnissen wurden offenbar in den goldenen Westen vermittelt, um sich - selbstverständlich im Geheimen beschäftigt - um pflegebedürftige Alte in München-Altperlach zu kümmern. Sex spielt diesmal keine Rolle - gut so!
Ein großes Thema hat sich Regisseur Christian Görlitz für den neuen Münchner TATORT gesucht: 1,2 Millionen Deutsche leiden an Demenz. Jährlich steigen die Raten dramatisch an: Bald schon rechnen Experten damit, dass rund zehn Prozent aller Menschen über 70 Jahren von der teuflischen neurologischen Krankheit betroffen sein werden - und damit ein gigantisches Pflegeproblem auslösen. So wahr, so ernüchternd. Und doch so problematisch als Ansatz für einen wirklich spannenden Kriminalfall.
Jedenfalls gelingt es dem erfolgsverwöhnten Team, das unlängst erst für den TATORT Nie wieder frei sein aus dem vergangenen Herbst mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet wurde, diesmal kaum, wirklich zu bewegen. Symptomatisch wirkt, dass die Ermittlungsarbeit der Kommissare, die sich schwierig gestaltet, weil die Familienbande der Verdächtigen eng sind und die Polizei auf eine Mauer des Schweigens trifft, immer wieder durch Störungen, etwa permanentes Klopfen an der Tür, unterbrochen wird. Genauso fahrig der Eindruck des Films.
Die Kriminalhauptkommissare Franz Leitmayr und Ivo Batic mit Karin Lasinger auf dem Präsidium. Bild: BR/Barbara Bauriedl |
Was das Ganze rettet, sind die außerordentlichen Darstellerleistungen des Krimis, der sich auf Routiniers wie Johanna Gastdorf (stark als überforderte Prekariats-Mutter), Michael Grimm und Jürgen Tarrach stützen kann. Vermutlich eine der größten Rollen seines Lebens - in einem letztlich doch nur mittelmäßig großen Film - dürfte dagegen Günther Maria Halmer spielen, den Fans des Bayerischen Fernsehens schon aus den "Münchner G'schichten" kennen und der kurzzeitig selbst einmal TATORT-Detektiv war. Auf seinen Schultern liegt die Verantwortung, aus der Figur eines bemitleidenswerten, dann wieder undurchsichtigen Alten keine billige Lachnummer, sondern eine packende psychologische Meisterstudie zu machen. Der Halmer kann das, eh klar.
Immer wieder fragen sich nicht nur die Ermittler, was beim wirren, dann wieder entschlossen klaren Auftreten des einstigen Familienoberhaupts die Wahrheit, was vielleicht sogar hinterfotziger Klamauk, was die eigentliche "Demenz" ist. "Dahinter kann man sich aber auch sehr gut verstecken", sagt Hauptkommissar Batic einmal hellsichtig. Max Lansinger hat die seltene Gabe, auch in Momenten größter Anspannung den Kopf oben zu behalten. Sein Lebensmotto wiederholt er fast mantrahaft: "Passt scho", sagt er immer wieder ...
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