Letztlich wird es eine Auseinandersetzung um Recht und Gerechtigkeit. Haben Sie hier eine Art Modelldebatte zum Thema Gerechtigkeit geschrieben?
Beide klopfen hier sehr intensiv die Positionen ab, die sie im Leben erreicht haben: Woher kommen wir? Und wo stehen wir heute? Beide erheben den Anspruch, einen legitimen Standpunkt zu vertreten ? Manu beansprucht das moralische Recht, Charlotte vertritt Gesetz und Ordnung. Beides stellen wir hier einander gegenüber. Charlotte Lindholm muss in dieser Geschichte Flagge zeigen: Wird sie auch gegenüber ihrer Schulfreundin auf Recht und Ordnung beharren?
Üblicherweise eilt Charlotte Lindholm irgendwo in Niedersachsen an ihren Einsatzort...
Ja, das Lindholm-Prinzip ist es, nicht zwei Ermittler im Team loszuschicken, sondern Frau Lindholm allein zum Tatort zu beordern, wo sie dann mit einem örtlichen Polizisten ermittelt. Diesmal untergraben wir dieses Prinzip, da wir sie in Hannover auf Verbrecherjagd schicken ? also bringen wir sie wenigstens mit dem Flughafenbeamten der Bundespolizei zusammen.
Sie wurden für Ihre Drehbücher mit mehreren Preisen ausgezeichnet, Sie unterrichten Drehbuchschreiben an der Filmakademie Ludwigsburg. Geht es beim Drehbuchschreiben heutzutage nicht nur um die Story, sondern auch um die Art, wie man die Fäden verbindet?
Man schreibt heute generell anders als vor zehn Jahren. Die Sehgewohnheiten der Zuschauer haben sich auch beim TATORT erheblich verändert. Der Zuschauer weiß heute mehr, hat schon mehr gesehen, er ist ein kompetenterer Zuschauer, dessen Gedanken man beim Schreiben immer schon mitdenken muss. Was der Zuschauer denkt, muss ich als Autor schon längst gedacht haben. Daraus ergibt sich eine komplexe Schreibweise, auch beim Zusammenführen der Handlungsstränge. Vor zehn Jahren hätte man diese Geschichte wesentlich gemütlicher erzählt.