"Ich erwarte ein heftiges Pro und Kontra"
Interview mit Tayfun Bademsoy
Wie brisant ist dieser TATORT aus Ihrer Sicht?
Ich erwarte ein heftiges Pro und Kontra. Von der türkischen Seite, weil man da immer beleidigt ist, wenn man sie kritisiert und ihre Schwächen aufzeigt. Gerade das Patriarchat ist da sehr empfindlich. Und andererseits wird Manches auf der österreichischen sowie deutschen Seite nicht gefallen, weil ihre eigene Intoleranz gezeigt wird.
Kazim Ozbay findet seine Frau Ensise, Bild: rbb/ORF/Cult- Film/Bernhard Berger |
Sie sind in der Türkei geboren, in Berlin aufgewachsen und spielen das Oberhaupt einer türkischen Familie. Wie realistisch ist Ihre Rolle?
Zuerst hatte ich mit dieser Rolle Schwierigkeiten, weil ich nicht den bösen Klischee-Vater spielen wollte. Denn diese Väter, die ihre Söhne zu etwas zwingen, stehen in Wirklichkeit unter einem starken, gesellschaftlichen Druck. Aber sie leiden genauso darunter, wenn sie ein Kind verlieren. Die Situation ist sehr realistisch, dass Väter mit sich selbst kämpfen, um einen eigenen Weg zu finden.
Es gibt Ängste vor dem Glauben der Anderen. Können Sie das verstehen?
Das kann ich zwar verstehen, aber nicht akzeptieren. Wenn wir in einer demokratischen Gesellschaft leben und Religionsfreiheit haben, sollte man einfach akzeptieren, dass Andersdenkende die Möglichkeit haben müssen, sich zu entfalten. Und eine Moschee ist schön.
Kazim Ozbay vor dem "Baum der Erlösung", Bild: rbb/ORF/Cult- Film/Bernhard Berger |
Sie haben einmal gesagt, dass Schauspieler oft nur wegen ihrer Nationalität engagiert und somit Klischees bedient werden. Das wollten Sie ändern. Hat sich etwas geändert?
Ja, auch durch die Arbeit der Agentur 'International Actors', die ich gegründet habe. Ich gehöre dabei zur ersten Generation, die als Schauspieler in Deutschland Fuß gefasst hat. Bei mir gab es die heutigen Möglichkeiten nicht so sehr. Aber in der Generation nach mir kommen jetzt türkische Kommissare, Krankenschwestern, Ärzte sowie Rechtsanwälte ins Fernsehen. Und deutsche Filmpreise holt ein türkischer Regisseur - Fatih Akin.
Wie feiern Sie Weihnachten und Silvester?
Da werden meine Kinder gleich doppelt beschenkt. Erst nach deutschem Brauch Heilig Abend und dann noch einmal zum Jahresende. Weil nach türkischer Sitte der Weihnachtsmann erst zu Silvester kommt. Die Kinder sind davon natürlich begeistert. Das ganze Leben hier ist für uns eine deutsch-türkische Mischung. Da kommt alles zusammen wie die verschiedenen Geschmacksrichtungen auf der Zunge. Man muss sich einlassen auf das Leben hier.
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