"Charlotte geht auch mal richtig aus sich heraus"
Interview mit Andrea Sawatzki
Charlotte Sänger und ihr Kollege Martin Petzhold, Bild: HR/Bettina Müller |
Frau Sawatzki, der TATORT "Waffenschwestern" ist ja gewissermaßen ein Western
mit Frauen als Hauptfiguren. Sie hantieren im Film dementsprechend
auch mit reichlich vielen Waffen. Haben Sie sich speziell darauf vorbereitet?
Ja, wir hatten für den Film richtig Schießtraining mit verschiedenen Waffen,
mit allem Drum und Dran, Ohrenschützern und Sichtschutz, scharfer Munition
und Platzpatronen. Das hat, muss ich zugeben, großen Spaß gemacht!
Das war für mich aber Neuland. Bisher hatten wir die Figur der Charlotte
Sänger ja eher psychologisch angelegt. Charlotte hegt eigentlich eine große
Aversion gegenüber Waffen. Vielleicht auch, weil sie Angst hat, wenn es darauf
ankommt, nicht richtig damit umgehen zu können. In "Waffenschwestern"
wird Charlotte mit dieser Angst konfrontiert. Und sie muss sich ändern.
Im TATORT "Waffenschwestern" lernt man Charlotte Sänger intimer kennen als
je zuvor. Sie zeigt versteckte Sehnsüchte, lässt sich nachts in einer Disko auch
mal gehen, kichert wie ein kleines Mädchen. Wie kommt es dazu?
Für mich war wichtig zu zeigen, dass Charlotte auch mal richtig aus sich herausgeht.
Sie war ja immer auf der Suche nach Nähe, nach Umgang mit
Menschen. Für den hr und für mich war es wichtig, einmal auszuprobieren:
Wie reagiert Charlotte, wenn sie die Möglichkeit hat, in ihrer Einsamkeit
einmal Freundschaften zu knüpfen, wenn Menschen auf sie zugehen, sie
berühren, Menschen, die ihr irgendwie ähnlich sind. Wie reagiert sie? Was
tut sie?
Jule Fischer freundet sich mit Charlotte Sänger an, Bild: HR/Bettina Müller |
Nina Kronjäger und Sie haben in "Waffenschwestern" eine ungewöhnliche
Beziehung zueinander: Sie spielen zwei sehr unterschiedliche Frauen, die insgeheim
aber doch Schwestern im Geiste sind. Was verbindet die beiden denn?
Im Leben von Jule Fischer und Charlotte gibt es einige Parallelen: Jule
lebt zusammen mit ihrer Mutter, die bettlägrig ist, und genau das hat
Charlotte auch durchgemacht. Sie musste ihre Eltern jahrelang pflegen.
Außerdem denke ich, Charlotte bewundert die Jule Fischer so,
weil sie eine Führerin ist, eine leading person, weil sie die Kraft hat,
Menschen zu dirigieren und mit Charme zu etwas zu bewegen, was
wichtig für sie ist. Und die Charlotte in ihrer Schüchternheit schafft
das ja eigentlich immer nur dann, wenn man sie in die Ecke treibt.
Dann entwickelt sie eine große Kraft. Aber sie ist ja eigentlich eher ein
schüchterner Mensch.
Ist Jule Fischer vielleicht so etwas wie ein Gegenentwurf von Charlotte Sänger ?
eine Art finsteres Spiegelbild, ein Sehnsuchtsbild, wie Charlotte selbst gerne
sein würde?
Auf jeden Fall. Die große Faszination für Charlotte an Jule Fischer besteht
darin, dass da jemand ist, der ähnliche Gedanken und ähnliche
Sehnsüchte hat wie sie, der aber gleichzeitig die Energie hat, seine
Sehnsüchte auszuleben. Das hat auch so was von Yin und Yang. Jule
und Charlotte verkörpern zwei Gegensätze, die sich anziehen und ergänzen.
Wie war denn eigentlich die Zusammenarbeit mit Nina Kronjäger?
Die Nina und ich kennen uns ja noch von der Schauspielschule. Wir mögen
uns sehr und schätzen uns. Wir haben beide jeweils zwei kleine Kinder, da
war also während der Wartepausen auf jeden Fall genügend Erzählstoff da
(lacht). Das hat sehr viel Spaß gemacht. Ich war auch glücklich, dass Nina die
Jule Fischer gespielt hat, weil sie auch privat eine sehr selbstbewusste und
starke Frau ist. Ich konnte mir von Anfang an vorstellen, dass sie gut in die
Rolle passt.
Charlotte Sänger sucht beim Polizeipsychologen Dr. Heisenberg Rat, Bild: HR/Bettina Müller |
Charlotte Sänger ruft während des Films mehrmals bei ihrem Kollegen Dellwo
an. Ist sie vielleicht doch irgendwie froh, wenn Dellwo wieder da ist? Oder
kommt sie auch ganz gut alleine klar?
Zwischen Charlotte und Dellwo ist es ja so eine Hassliebe. Charlotte fühlt
sich sofort, wenn er nicht da ist, als halber Mensch und glaubt auch, ohne
ihn nicht funktionieren zu können. Sie hat einfach Panik vor dem Alleinsein.
Aber gerade durch das Fehlen von Dellwo konnte die Begegnung mit Jule
Fischer so intensiv werden, weil Charlotte jemanden suchte, der ein bisschen
Wärme ausstrahlt. Insofern war es ganz gut, dass er in dieser Folge nicht da
war (lacht).
Was gefällt Ihnen selbst am TATORT "Waffenschwestern" am besten?
Dass ich wieder zusammen mit dem Regisseur Florian Schwarz und
dem wunderbaren Dominik Schunk an der Kamera drehen durfte. Das
war eine große Freude.
Was ist Ihre persönliche Lieblingsszene?
Die Szenen, in denen Charlotte auf den Polizeipsychologen trifft. Da
bekommt der TATORT eine ganz neue, komische Farbe. Das hat mir
sehr gut gefallen.
HR-Pressemappe
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