Schon die ersten beiden Leichen sind Männer. Niedergeknallt zwischen Bankschalter, Fahrstuhl und Kaffeetasse. Und das von Frauen, wie sich bald heraustellen wird - bei dem Titel des TATORTs - Waffenschwestern - ja auch nicht weiter erstaunlich.
Männer sind chancenlos
So viele Leichen in so kurzer Zeit - das hat mittlerweile Seltenheitswert im TATORT. Doch die Sargparade aus Frankfurt ist damit noch lange nicht beendet: über die übliche Sendelänge von fast 90 Minuten werden noch weitere 6 Menschen im TATORT dahingerafft werden - es folgen 3 Frauen und noch mal 3 Männer, Polizisten und Wachmänner ihres Zeichens. In Frankfurt lebt Mann eben gefährlich.
Ihr Tod ist dabei völlig sinnlos. Sie sind zur falschen Zeit am falschen Ort. Unbeteiligt und unschuldig. Die Männer wehren sich nicht, können es gar nicht erst - sie werden einfach abgeballert, haben keine Chance. Männer als Störfaktoren quasi. Erschossen von Frauen, die Banküberfälle verüben und ihnen im Weg sind. Auf der anderen Seite: Waffenschwestern heroisiert die Frauen auch nicht übermäßig; trotz aller Waffengewalt werden die Frauen durchaus empfindsam und schwach gezeichnet, nicht zuletzt die zentrale Figur der Hauptkommissarin Charlotte Sänger hat da ihre Probleme.
Ausgerechnet der "beste Mann" fehlt
Der Film zeigt aber auch Frauen, die wissen, Männer für ihre Zwecke zu instrumentalisieren - und sei es nur ein Liebesdienst in einer einsamen Waldhütte oder nach einer durchzechten Diskonacht ist. Männer kommen in diesem Film nicht besser weg - logisch, dass ausgerechnet auch Fritz Dellwo, der "beste Mann" im Kommissariat, nicht da ist und sich auf einem Beamtentausch in München befindet, befinden muss.
Acht Leichen pflastern Charlottes Weg
Kaum ein TATORT hatte bisher mehr Leichen als Waffenschwestern zu bieten, nur der Bremer Beitrag Abschaum von 2004 ließ insgesamt 14 Menschen dahinraffen."Normal" sind mittlerweile 2 oder 3 Leichen pro TATORT. So sind acht Leichen in Waffenschwestern schon bemerkenswert, wo doch die ARD-Programmacher so extrem gewaltsensibel (geworden) sind.
"Brutalität" im TATORT nur noch in Ausnahmefällen
Denn schon seit einigen Jahren darf der Zuschauer nicht mal mehr der Durchführung des Mordes beiwohnen, er bekommt nur die "fertige" Leiche serviert, wie sie gefunden oder untersucht wird. Früher durfte mehr Blut spritzen, mehr vom Mord gezeigt werden, heute dagegen: Fehlanzeige.
Selbst im Bett zückt die Frau eine dort unübliche Waffe Bild: HR/Bettina Müller |
Da sind Waffenschwestern oder der für 22. Februar 2009 geplante Bodensee-TATORT Herz aus Eis geradezu erfrischend anders. Der Mord wird dort wieder gezeigt, teilweise sogar ziemlich detailiert, in all seiner Schrecklichkeit.
HR betreibt TATORT-Feinkostladen
Und so furchtbar dies auch sein mag und viele "Kritiker" auf den Plan rufen wird - der TATORT Waffenschwestern ist trotzd der vielen Schiessereien kein reiner "Baller"-Film, sondern ein durchaus unterhaltsamer, spannend und auch psychologisch raffinierter TATORT.
Der HR zeigt somit erneut sehr eindrucksvoll, dass er einen wahren TATORT-Feinkostladen betreibt. Chapeau!
Francois Werner