"Das Private und das Politische liegen nah beieinander"
Interview mit Matthias Bundschuh
Polizist Jakob Halder, Bild: NDR/Nik Konietzny/Carles Carabi Negueruela |
Der von Ihnen gespielte Polizist Jakob Halder entspricht
nicht unbedingt dem Klischee eines Dorfpolizisten.Wie
würden Sie die Figur charakterisieren?
Jakob Halder ? ich muss gleich mal seinen Status verteidigen
? leitet seine Dienststelle und ist daher wohl etwas
mehr als nur ein Dorfpolizist. Er wirkt introvertierter als
man sich Polizisten allgemein vorstellt. Als ich im Drehbuch
las, dass er auf Lindholms Frage, ob er für oder gegen den
Widerstand gegen das atomare Lager sei, erwidert, er sei
Polizist ? als sei damit die Frage beantwortet! ? stellte ich
mir vor, dass er mit dieser Berufswahl des Polizisten einem
ziemlich widersprüchlichen Innenleben klare Grenzen
setzen wollte.
Welche Haltung hat er zum "Widerstand"?
Er hat sich in eine festgenommene Demonstrantin verliebt
und sie bald darauf geheiratet: Das erzählt viel. Sie ist zum
Zeitpunkt dieses TATORTs seine Frau.
Von Berufs wegen hat er klar gegen den "Widerstand" vorzugehen,
privat nimmt er sich heraus, seine eigene Haltung
zu dem Thema zu haben.
Ich mag an dem Drehbuch sehr, dass es die Figuren widersprüchlich
sein lässt, was dem Menschen entspricht. Sonst
werden Figuren häufig bis in eine langweilige Eindeutigkeit
hinein erklärt.
Sie spielen ihn als freundliche, aber undurchsichtige
Person. Welche Rolle spielt er in den Ermittlungen?
Da ist in seinem Dienstbereich ein Mord passiert, der es erforderlich
macht, die Routine zu verlassen. Dazu kommt die
Kommissarin Lindholm aus der Stadt, mit ihren Ansprüchen
und ihrer Effizienz. Mein Jakob Halder schwankt bei diesen
Ermittlungen zwischen Überforderung und einer Art "Feuer
fangen" für die andere, weniger provinzielle Methode.
"Freundlich und undurchsichtig"?? Das Milieu dieses TATORTs
ist durchsetzt von Abhängigkeiten, schweigend geteilten
Geheimnissen und dem,was man "Filz" nennt. Auf
der einen Seite mag meine Figur, dass einigen Leuten die
Hölle mal ordentlich heiß gemacht wird, auf der anderen
Seite ist dies für alle ? auch für Jakob Halder ? ein Spiel mit
dem Feuer.
Matthias Bundschuh spielt Jakob Halder, Bild: NDR/Nik Konietzny/Carles Carabi Negueruela |
Ist sein Verhalten insgesamt also weniger politisch als
privat motiviert?
Die Verquickung beider Ebenen scheint mir hier eine ganz
außerordentliche Qualität der Figur zu sein! Damit will
ich der Frage nicht ausweichen ? aber es ist wirklich so, dass
bei dieser Geschichte das Private und das Politische zu nah
beieinander liegen, um es zu trennen. Das eine wirkt sich
direkt auf das andere aus. Das erschließt sich, denke ich,
wenn man den TATORT sieht.
Schließlich kommt es bei ihm zu einem heftigen Gefühlsausbruch.
Wie haben Sie mit der Regisseurin Christiane
Balthasar gearbeitet?
Zunächst hatten mich bei Christiane ihre Effizienz und
ihr rasantes Tempo erschrocken, dabei bin ich selbst nicht
langsam. Für die Szene, die Sie ansprechen, trat sie auf die
Bremse,was sehr wohltuend und für das Darzustellende
nötig war.
Die Zusammenarbeit war beglückend gut, weil sie sich
mit mir an den Balance-Akt, den die Zwiespältigkeit der
Figur erforderte, herangetraut hat! Dabei verbindet sie
Fingerspitzengefühl mit großer Genauigkeit und sicherer
Entschiedenheit und gibt die Hinweise, die man als Schauspieler
braucht. Diese Arbeitsweise half mir besonders
bei besagter Szene! Dafür bin ich dankbar und hoffe und
wünsche mir sehr, wieder mit ihr arbeiten zu können!
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