"Meine Tochter ist ein absolutes Selfmade- Produkt"
Interview mit Kathrin Ackermann
Frau Ackermann, Sie spielen Annemarie, die Mutter der
Kommissarin Lindholm. Wie würden Sie das Verhältnis
zwischen den beiden Frauen charakterisieren?
Die Mutter, eine pensionierte Apothekerin, hat eigentlich
keinen Lebensinhalt. Sie lernt zwar Chinesisch, aber sie
betreibt dies wie ein typisches Rentner-Hobby. Insofern ist
natürlich ihre Tochter als einziges Kind sehr wichtig für sie.
Das Verhältnis ist sehr innig, ein bisschen "overprotective"
vielleicht. Obwohl Annemarie auf der anderen Seite auch
selbständig wirkt, indem sie Entscheidungen trifft ? wie
eben Chinesisch zu lernen oder auch einmal nicht das Kind
ihrer Tochter zu hüten.
Kathrin Ackermann alias Annemarie Lindholm, Bild: NDR/Jorinde Gersina |
Charlotte hat ihre Mutter und ihren Freund Martin, die
sich beide um ihren kleinen Sohn kümmern.
Ja, es gibt da sogar einen kleinen, fast komischen Streit
zwischen den beiden über die Vorherrschaft über das Kind.
Dieses Modell hat ja fast utopische Züge.
Vielleicht macht es Frauen Mut, wenn sie erleben, dass man
Beruf und Kind sehr gut vereinbaren kann, wenn man die
nötige Hilfe bekommt.
Sie sind ja auch im wahren Leben Mutter und Tochter.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?
Man sieht einander bei der Arbeit zu, aber daran sind wir
gewöhnt ? wir spielen schon seit Marias Anfängen zusammen.
Als wir mit der Serie "Eine glückliche Familie" anfingen,
war sie siebzehn ? also ich erlebe sie schon sehr lange
als Schauspielerin, aber sie wird immer besser.
Haben Sie ihr als die erfahrenere Kollegin früher
Ratschläge erteilt?
Nein, meine Tochter ist ein absolutes Selfmade-Produkt,
sie hat sich alles selber erarbeitet ? learning by doing.
Sagen Sie einander auch,wenn Sie etwas nicht so
gelungen finden?
Ja, aber meistens geht es nicht darum, dass mir ihre Darstellung
nicht gefällt, sondern der ganze Film; dass ich es
dumm finde, dass sie ein bestimmtes Drehbuch genommen
hat. Es geht nie um ihre Leistung.
Im Film geraten Sie beide auch öfter mal aneinander,
neuerdings über Kindererziehung. Gibt es da Parallelen?
Wir haben sicher unsere Auseinandersetzungen, aber nicht
über Kindererziehung, da sind wir uns weitgehend einig. Es
ist vielleicht auch eine Art Tradition, die man weitergibt:
Wenn man nicht mit seiner Mutter konnte, dann ist es
auch mit der Tochter schwierig. Ich hatte und habe ein sehr
inniges Verhältnis zu meiner Mutter; dadurch hatte ich
das Gefühl, in der Kindererziehung alles so wiederholen zu
können, wie sie es gemacht hatte. Das gibt einem eine
enorme Sicherheit.Trotzdem kommen später Bemerkungen
von den Kindern, wo man dann plötzlich doch in Frage
gestellt wird ? aber das ist, glaube ich, immer so.
Maria Furtwängler als Charlotte Lindholm, Bild: NDR/Nik Konietzny/Carles Carabi Negueruela |
Sie haben als Schauspielerin die Schwierigkeiten selbst
erlebt, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen.Ist
die Figur der Kommissarin in dieser Hinsicht realistisch
erzählt?
Ja, es ist einfach manchmal sehr turbulent. Es gibt diese
Momente, wo die ganze Planung durch einen kleinen
Auslöser, wie einen verspäteten Zug, zusammenbricht.
Plötzlich muss man das Kind in der Tragetasche mit ins
Theater nehmen, lässt es während der Probe in der Garderobe
alleine und geht immer wieder nachschauen.
Verstehen Sie den beruflichen Ehrgeiz Ihrer Filmtochter?
Aber ja. Ich finde ihn absolut richtig. Ich hatte immer das
Gefühl, dass ich als Mutter für meine Kinder ? auch wenn
ich manchmal weg bin ? viel interessanter bin als eine
Mutter, die immer da ist und vor den Kindern bügelt, telefoniert
oder fernsieht. Ich habe ein sehr spannendes Leben
gehabt; das hat mich einerseits erfüllt und ich war dadurch
? wenn auch ein bisschen gestresst ? immer eine fröhliche
und gut gelaunte Mutter. Zum anderen scheinen meine
Kinder es gar nicht groß bemerkt zu haben. Als eine Journalistin
einmal danach gefragt hat, sagte meine Tochter:
"Aber Mama, du warst doch immer da." Trotzdem hatte ich,
auch weil es noch nicht so üblich war, als Mutter zu arbeiten,
immer ein schlechtes Gewissen, dass ich mir so etwas
herausnehme. Aber richtig fand ich es schon damals.
Welche beruflichen Projekte beschäftigen Sie zur Zeit?
Mittlerweile führe ich hauptsächlich Regie. Ich bin Dozentin
an der August-Everding-Akademie in München und
unterrichte dort in der Musical-Abteilung. Nebenbei drehe
ich für die Serie "Um Himmels willen" eine hübsche Episoden-
Rolle. Ich spiele auch noch Theater, aber das ist nicht
mehr die Hauptsache. Früher habe ich mit einer Kollegin
Abende entwickelt ? eine Mischung aus Musical,Kabarett
und Theater, mit der wir erfolgreich durch Deutschland
getourt sind; heute erarbeite ich mit meinen Schülern
Chanson-Abende, das macht mir sehr viel Spaß.
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