In der Bayern2-Sendung "Nahaufnahme" äußerte die Redakteurin Silvia Koller vom Bayerischen Rundfunk ihre Vorstellungen sehr genau und sagte, was Sie von einem Drehbuch zum TATORT erwartet: "Ich habe gerne Bücher, also auch Krimis, die ich privat lese, in denen der Mikrokosmos im Makrokosmos beschrieben wird. In Krimis, in denen ich viel lerne über die Gegend, Land und Leute, die Umgebung, die soziale Struktur der Menschen und das wiederum erklärt mir dann auch wieder ihre Motivation.
Das ist ja alles prägend. Und so denke ich, ist auch diese Stadt hier - was unsere Tatorte betrifft - sehr prägend."
Die Redakteurin erhält monatlich mehrere Drehbuchideen und Vorschläge, doch nur ein Bruchteil davon sei wirklich zu gebrauchen. Silvia Koller sagt: "
Die meisten muss ich absagen. Da setzen sich die Laien hin und denken, ah, TATORT - kann ich auch!" Herauskommen tun dabei zusammengeschusterte Geschichten, die unter Nichtbeachtung jeglicher dramaturgischer Regeln entstehen, so Silvia Koller.
Grundsätzlich gelten bei Silvia Koller für einen TATORT die folgenden Regeln:
- Ein Münchner Tatort muss münchnerisch klingen.
- Die Geschichte kann so nur in München spielen.
- Der klare Blick auf ein Milieu ist unerlässlich.
Hinzu kommen die 3 Kommissare, der Mord, der Täter, die Figuren. Wichtig ist der Redakteurin vor allem, dass jeder TATORT als Einzelfilm zu betrachten ist, obwohl der Film in der Fernsehspielreihe TATORT gesendet wird. Routine dürfe deshalb nicht aufkommen. Jeder Film sei ein Abenteuer, das sie gemeinsam mit dem Autor entwickelt. Sie sieht sich dabei als eine Bauherrin, die sich mit dem Architekten = Drehbuchautoren einlasse, stundenlang Ideen bespreche, an den Dialogen pfeile....
In der Bayern 2-Sendung "Nahaufnahme" von Florian Scholbeck schildert die langjährige TATORT-Redakteurin und Erfinderin von Batic, Leitmayr und Menzinger die Entstehungsphasen eines TATORTs - von der Idee bis zum Drehbuch: "
Zuerst mal wird ein kleines Expose geschrieben von vielleicht 12 Seiten. In denen ist mir die Skizzierung des Milieus am wichtigsten, in welchem Milieus, welche Leute sind das?! Und dann wie sich die Kommissare zu dieser Geschichte verhalten. So dann setzt man sich wieder zusammen, bespricht es, und wenn es gefällt gibt man einen Treatment-Auftrag. Ein Bilder-Treatment über vielleicht 45 ? 50 Seiten, in dem jede Szene skizziert ist. Da kann man dann schon sehr viel mehr über den Verlauf, die Struktur, das Tempo und die Figuren erfahren. Und dann gibt es einen Drehbuch-Auftrag für die erste Fassung." .
Das klingt einfach, ist aber ein zeitaufwändiger Prozess. Zwischen der Idee zu diesem TATORT und seiner Erstsendung sind 2 Jahre vergangen. Am Beispiel
"A gmahde Wiesn" heisst dies: Im Sommer 2005 ist die Idee zwischen Friedrich Ani und Oliver Berben entstanden, ein Jahr später im Herbst - pünktlich zum Oktoberfestanstich - ist Drehstart, ein weiteres Jahr später geht der TATORT dann auf Sendung.