Charlotte Lindholm ist schwanger
?Diese Schwangerschaft wird das
Leben meiner Kommissarin Lindholm
erheblich verändern?
Das gab es im deutschen Fernsehen noch nie: Eine Tatort-
Kommissarin erwartet ein Baby. Charlotte Lindholm ist
schwanger und möchte ihr Kind zur Welt bringen, auch
wenn der Vater nicht als Lebenspartner in Frage kommt.
Maria Furtwängler, ihre Mutter Kathrin Ackermann
(die auch im Tatort ihre Mutter spielt) sowie Ingo Naujoks,
Charlottes Mitbewohner, über Schwangerschaft,
Mutterfreuden und Vaterpflichten.
Bild: NDR/Sandra Hoever |
Maria Furtwängler: Eine schwangere Reihenfigur hat es
meines Wissens bisher überhaupt nicht gegeben. Zum
einen, habe ich mir gesagt, gibt es im wirklichen Leben
wesentlich mehr Mütter als im Fernsehen, zum anderen
zeigen TV-Filme bei berufstätigen Müttern eher die
stressige Seite.Warum soll also Charlotte Lindholm kein
Baby haben? Und warum soll man Schwangerschaft und
Kind nicht auch bei einer berufstätigen Frau vor allem
als beglückendes Erlebnis zeigen?
Kathrin Ackermann: Ich finde es generell gut, dass in den
Tatorten mit meiner Tochter auch die private Seite der
Kommissarin beleuchtet wird. Dass ausgerechnet eine
Kommissarin, deren Beruf wir gerne männliche Attribute
zuschreiben, schwanger wird, ist doch eine reizvolle Idee.
Ingo Naujoks: Charlotte Lindholm wird die erste Tatort-
Kommissarin mit Baby! Ich bin sehr gespannt darauf.
Maria Furtwängler: Sie will sich natürlich schnellstens
vergewissern, ob sie wirklich schwanger ist. Also holt
sie sich bei der Notdienst-Apotheke einen Schwangerschaftstest.
Dummerweise kennt dieser Apotheker aber
jemanden, der ihre Mutter kennt. Und wenn ihre Mutter
es weiß, dann weiß es Martin, und dann wissen es alle.
Also schwindelt sie ihm vor, dass sie den Test für eine
Freundin benötigt. Der Apotheker weiß natürlich sofort,
was Sache ist.
Kathrin Ackermann: Ich halte es für völlig normal, dass
eine schwangere Frau wie Charlotte Lindholm nicht zuerst
ihrer Mutter diese Neuigkeit berichtet, sondern einer sehr
guten Freundin ihr süßes Geheimnis verrät. Ich kann es
mir bestenfalls bei einer sehr jungen Frau vorstellen, dass
die eigene Mutter die wichtigste Vertraute ist. Gestandene
Frauen bereden ihre Lage eher mit Frauen ihres Alters. Mir
ging es genauso, als ich schwanger war. Man ist immer mit
den Leuten zusammen, die eine ähnliche Lebensphase
durchmachen.
Maria Furtwängler: Diese Schwangerschaft wird das Leben
meiner Kommissarin Lindholm erheblich verändern.Auch
die nächsten Folgen werden das zeigen, wenn ich dann als
Hochschwangere auf Verbrecherjagd gehe.
Charlotte Lindholm sieht es fast schon als Zeichen des
Schicksals, dass sie gerade zu dem Zeitpunkt schwanger
wird, an dem es überhaupt nicht geplant ist.Wenn es
trotzdem so gekommen ist, dann soll es wohl so sein,
denkt sie.
Ingo Naujoks: Martin Felser wird sich freuen, wenn er
erfährt, dass seine Mitbewohnerin und beste Freundin
Charlotte Lindholm ein Kind erwartet. Als Freund, Schriftsteller
und neugieriger Mensch möchte er wissen: Ist es
gesund? Was hast du vor? Wer ist der Vater?
Maria Furtwängler: Die Affäre, bei der sie schwanger
wurde,war nur kurz, dennoch war da Liebe im Spiel.
Charlotte Lindholm sehnt sich nach diesem Mann.
Wenn er bei ihr sein könnte,wäre es das Schönste auf
der Welt für sie. Die Gefahr,die jetzt auf sie zukommt,
liegt darin, dass sie ihre Einsamkeit jetzt wesentlich
deutlicher spüren wird als bisher. Im Job kann sie diese
Gefühle mit ihrem Arbeitseinsatz überdecken, wenn sie
aber als Schwangere und Mutter ihr Arbeitspensum
reduzieren muss, dann könnte diese Einsamkeit viel
stärker durchschlagen.
Kathrin Ackermann: Es ist schon klar, dass ich als Mutter
Lindholm häufig den Babysitter spielen werde. Allerdings
werde ich mir den Job mit Charlottes Wohngenossen
Martin Felser teilen.Wenn ich mir vorstelle, dass Martin
dem Baby den Po pudert; wunderbar!
Maria Furtwängler: Martin Felser wird natürlich als
Babysitter eingespannt. Andererseits sind Konflikte unvermeidlich,
denn es wird Charlotte sicher auch auf die Nerven
gehen,wenn Martin auf seine Art dieses Baby über die
Maßen verwöhnen und umsorgen wird.
Ingo Naujoks: Für Martin Felser ist der Vater dieses
Kindes auf jeden Fall ein Rivale. Aber keine Angst ? ich
werde Martin nicht als eifersüchtigen Jammerlappen
spielen.Außerdem ist übertriebene Eifersucht unangebracht.
Schließlich ist Charlotte vor allem mit ihrem
Job liiert.
Maria Furtwängler:Wir wollten gar nicht lange darüber
spekulieren, ob Kommissarin Lindholm dieses Kind behalten
möchte oder nicht. Die Schlusseinstellung dieses
Tatorts soll schon deutlich machen, dass sie sich auf
ihr Kind, auf ihr Leben als Mutter, sehr freut. Die letzte
Gewissheit wird die folgende Episode geben, wenn wir sie
ungefähr im sechsten Monat erleben werden.
Bild: NDR/Sandra Hoever |
Ingo Naujoks: Eine Tatort-Kommissarin mit Kind bietet
eine Fülle von Erzählstoffen. Andererseits fällt mir die
Schauspieler-Faustregel ein, dass man nie neben Tieren
oder Kindern spielen soll, weil sie den erwachsenen Stars
gnadenlos die Pointen klauen. Ich werde mich also noch
mehr ins Zeug legen!
Maria Furtwängler: Uns lag daran, diese Schwangerschaft
nur dezent in diesen Tatort einzuflechten und
diesen Erzählstrang auf keinen Fall breit zu treten.
Lindholms Schwangerschaft hat in dieser Episode nur
sehr indirekt Einfluss auf die Ermittlungen. Charlotte
ist aufgewühlt und überfordert, ist unversehens mit
großen Sehnsüchten, aber auch Ängsten konfrontiert.
Sie wird verwundbarer und empfindsamer, ihr emotionales
Schutzschild wird dünner und löchriger. Sie lässt
Ereignisse an sich herankommen,statt diese Gefühle
mit professioneller Stärke abzuwehren. In manchen
Momenten wird sie ungerecht.
Ingo Naujoks: Ich selbst habe zwei leibliche Kinder, eins
mit meiner Lebensgefährtin, die bereits zwei Kinder hatte.
Da ist auch mein Einsatz als Vater gefordert. Letztlich ist
es eine Frage der guten Organisation. Das ist nicht immer
einfach, aber es lässt sich schaffen.
Maria Furtwängler: Kind oder kein Kind ? diese Frage lässt
sich nicht pauschal beantworten. Für mich persönlich sind
meine Kinder das allergrößte Glück in meinem Leben. Ich
fühle mich tief beglückt durch diese Kinder, und das jeden
Tag, oder fast jeden Tag. So gern ich auch meinen Beruf
habe, sind die Kinder das Wichtigste und Erfüllendste in
meinem Leben.
Kathrin Ackermann: In Frankreich scheint gerade der
Babyboom auszubrechen,während in Deutschland die
Geburtenrate rückläufig ist. Das hat sicherlich mit dem
Mangel an Kindergarten-Plätzen bei uns zu tun, aber wohl
auch damit, dass eine Mutter in den Augen der Franzosen
keineswegs ihr ganzes Leben aufs Muttersein beschränken
muss. In dieser Hinsicht müssen wir Deutschen etwas
lockerer werden.
Maria Furtwängler: Je älter die eigenen Kinder werden,
desto mehr erinnere ich mich an die eigenen Eltern und
deren Fehler. Zunehmend frage ich mich, ob ich wohl selbst
diese Fehler vermeiden werde.
Kathrin Ackermann:Wenn meine Tochter die schwangere
Kommissarin spielt, ist das ganz nebenbei eine gute
Werbung nach dem Motto: Frauen, bekommt Kinder!
Ingo Naujoks: Privat sehe ich es so: Ich war an der Zeugung
beteiligt, also bin auch an allen weiteren Schritten beteiligt.
Ich drücke mich auch nicht vor dem Windelnwechseln.
Als denkender Mensch sehe ich keinen Grund, das nicht
zu tun.
Maria Furtwängler:Man wächst mit seinen Kindern,man
taucht mit ihnen gemeinsam in eine neue Welt ein.
Selbst jetzt, in der schwierigen Pubertätsphase, bin ich
nicht weniger verliebt in meine Kinder.Außerdem halten
Kinder ihre Mutter wesentlich jünger als jedes Lifting oder
jede Ayurveda-Kur.
Das Gespräch führte Michael Handwerk / NDR-Pressemappe
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