Ruhe sanft
Wieder in Bestform
Eigentlich war Thiel bereits auf dem Weg nach Dakar um seinen Urlaub in der Wüste Afrikas zu verbringen. Eigentlich! Thiel schafft es allerdings vorerst nicht einmal bis ins Flugzeug. Doch hätte jemand von einem Münsteraner TATORT etwas anderes erwartet? Aber nicht nur, dass er seinen Urlaub nicht antreten kann und in Münster bleiben muss, in seiner Wohnung hat sich auch noch ausgerechnet Professor Boerne einquartiert.
Dieser nämlich richtet an seinem Institut einen internationalen Kongress aus und hat seine eigene Wohnung bereits einer äußerst attraktiven Kollegin in Aussicht gestellt. Was bleibt dem Professor und dem Kommissar also anderes übrig als für die Dauer der Tagung gemeinsam Thiels Wohnung zu beziehen und echtes WG-Flair aufkommen zu lassen? Damit ist das Chaos perfekt. Der TATORT aus Münster kann beginnen?
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Überraschende Wende
Bei dem aufgefundenen Mordopfer handelt es sich in diesem Fall um einen Leichenbestatter, der bei einem Einbruch getötet wurde. Doch nicht nur im Beerdigungsinstitut, sondern auch in der Pathologie wurde eingebrochen. Eine Homepage, welche die Bilder der an diesen Orten ruhenden Leichen zeigt, schafft eine Verbindung zwischen den beiden Vorfällen und bringt die Ermittler auf die Spur einer Gruppe Gruftis.
Unter Verdacht steht jedoch neben den Jugendlichen auch das familiäre Umfeld des Opfers. Präsentiert werden dem Zuschauer also die üblichen Verdächtigen und der Krimi droht in ein doch eher konventionelles Schema abzugleiten. Gerade noch rechtzeitig wartet das Drehbuch hier mit einer äußerst überraschenden Wende auf, die aus dem Mordfall einen raffinierten, spannenden und schlüssig inszenierten Kriminalfall macht!
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Morbide Grundstimmung
In ?Ruhe sanft? präsentiert sich das Team um Thiel und Boerne endlich wieder in Bestform! Nach einer gewissen Durststrecke überzeugt dieser Beitrag durch eine überaus gelungene Mischung aus spannendem Krimi und geistreichem Humor. Die zahlreichen Friedhofszenen der Gruftis sowie die Aufnahmen im Beerdigungsinstitut und der Pathologie vermitteln eine gewisse morbide Grundstimmung, die den gewohnt süffisanten Humor der beiden Ermittler noch skurriler und pointierter wirken lässt.
Auch die bereits obligatorisch gewordene Inszenierung der Fehde zwischen dem Professor und dem Kommissar erreicht wieder das üblich hohe Niveau. Der Streit um das letzte Bier und die Frage wer wessen Rasierwasser benutzt beziehungsweise Bademantel trägt ? dies sind die Tücken des Alltags gegen die Thiel und Boerne dieses Mal anzukämpfen haben.
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Inszenierte Leichtigkeit
Bemerkenswert an dieser Folge ist auch die Leichtigkeit mit der im Laufe der Handlung so vieles angedeutet, so wenig ausgesprochen und doch so viel erzählt wird. Von diesem Narrationsstil profitieren vor allem die Figuren, die zwar fest etabliert sind, aber in diesem Fall nicht im Mittelpunkt stehen. Grandios inszeniert werden zum Beispiel die Assistentinnen Nadeshda und Alberich. Während Nadeshda frisch verliebt durch ihren Arbeitsalltag ?schwebt?, managt Alberich ganz nebenbei den Kongress am pathologischen Institut und springt mehr als einmal an entscheidender Stelle für ihren Chef ein.
Mit Thiels Vater ist ein weiterer, bereits eingeführter Charakter mit von der Partie. Durch seine Taxifahrten in Boernes Auftrag besitzt er so manches Mal gegenüber seinem Sohn ? bezüglich der Belange der Kongressteilnehmer ? einen erheblichen Wissensvorsprung. Dass er sich seinem Sohn gegenüber nie rechtzeitig mitteilen kann, selbst wenn dies zur Lösung des Falls beitragen könnte, wird nur am Rande thematisiert und gehört zur Tragik der gezeigten Vater-Sohn Beziehung. Schade ist nur, dass ausgerechnet bei Wilhelmine Klemm auf diese Art Darstellung verzichtet und somit Potential verschenkt wird. Hätte gerade sie ihr kleines Geheimnis behalten dürfen ? wäre auch hier weniger soviel mehr gewesen!
Katharina Gamer
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