?Es hat mir viel Spaß gemacht, mit dieser
Generation junger Schauspielerinnen in die
Hölle zu blicken.?
Ob in Michael Hanekes ?Die Klavierspielerin?, dem Theaterstück
?Elektra?, in dem neuen Kinofilm ?Madonnen? oder
in diesem ?Tatort? ? Sie haben schon eine ganze Reihe
Mütter gespielt, die ein schwieriges Verhältnis zu ihren
Kindern haben. Liegt Ihnen besonders daran, dieses Thema
schauspielerisch zu erkunden, oder ist das Zufall?
Das ist, glaube ich, Zufall. Eine Mutter-Kind-Beziehung ist
elementar für beide Seiten und birgt natürlich viele Abgründe
in sich. Das fand ich schauspielerisch interessant.
Außerdem hatte ich immer so tolle ?Filmtöchter?, es hat
mir viel Spaß gemacht, mit dieser Generation junger
Schauspielerinnen in die Hölle zu blicken.
Was hat Sie an der Rolle der Cora Rohwedder besonders
gereizt?
Es ist eine zarte, schräge, manchmal komische und irgendwie
auch traurige Rolle. Das hatmir gefallen.
Welche Rolle spielen für Ihre Arbeit Kostüm und Maske,
also in diesem Fall der seidig-fließende Mantel mit Pelzkragen,
die Stöckelschuhe und der rote Lippenstift?
Das ist die sichtbare, auffällige Hülle einer überforderten
Frau, die versucht, ihre Würde zu behalten.
Cora Rohwedder leidet, wie alle Beteiligten, an der
Familientragödie, die sie erlebt hat. Gibt sie sich die Schuld
daran? Aus Sicht des Regisseurs Buddy Giovinazzo ist in
diesem Fall niemand der Schuldige, alle sind Opfer.
Stimmen Sie ihm zu?
Ja, absolut. Alle sind Täter, alle sind Opfer. Ich hatte beim
Drehen das Gefühl, dass er nicht ?richten? wollte. Er hat
sich in jede Rolle total reingefühlt.Hat mir großen Spaß
gemacht, mit ihm zu arbeiten. Ich halte sehr viel von ihm. Er
liebt die Schauspieler und bleibt sehr konsequent in seinem
Bestreben, das Beste aus dem Schauspieler herauszuholen.
Er verlangt viel und schafft eine Atmosphäre, in der das
auch geht.
Mit Axel Milberg hatten Sie bereits 1990 für Jan Schüttes
?Winckelmanns Reisen? vor der Kamera gestanden.War es
ihr gemeinsamer Wunsch, wieder zusammen einen Film zu
drehen? Wie war die Zusammenarbeit mit Axel Milberg?
Was zeichnet ihn als Schauspieler aus?
Axel ist erstmal ein wunderbarer Kollege. Er kommt, wie
ich, aus dem Theater und das sind doch andere Schauspieler
als die, die nur Film gemacht haben. Das verbindet irgendwie
und macht es leicht, miteinander zu spielen. Er ist ein
wirklich sehr guter Schauspieler, ich schätze ihn hoch.
Besetzt wurde ich in dieser Rolle allerdings durch Buddy.
Wie waren die Dreharbeiten sonst? Wie war die Arbeit
mit den anderen Kollegen?
Mit Anna Brüggemann hatte ich leider keine Szene.
Und mit Maren Eggert habe ich auch gern gedreht. Ich
fand den Dreh ehrlich toll, wegen dem Regisseur und
den Kollegen.
Wie haben Sie den Drehort Kiel erlebt?
Mein Hotelzimmer lag zur Kieler Förde hin. Ich liebe das
Meer, es macht mich ein bisschen wehmütig, es zu sehen
und zu riechen, denn ich komme aus Hamburg.
Das Hauptgewicht Ihrer Arbeit lag stets auf der Bühne,
Sie drehen jedoch auch regelmäßig Filme und machen
Hörbücher. Sind Sie zufrieden mit dieser Bandbreite? Was
für Projekte wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich bin nicht unzufrieden, es gibt wenige Dinge, die mache
ich unverwechselbar. Ich muss mich nicht verdrehen
oder mich mit irgendwem gut stellen, ich durfte mich so
entwickeln, wie ich wollte.Trotzdem wünsche ich mir
gute Film- und Fernsehangebote. Schöne Rollen, gute
Regisseure.
Woran haben Sie zuletzt gearbeitet? Was steht für
Sie an?
Ich habe mit meinem Mann,dem Schauspieler Ulrich
Mühe,im Frühling einen, glaube ich, ganz interessanten
Film gedreht,?Nemesis? (Arbeitstitel). Ein Debütfilm von
einer Frau, Nicole Mosleh, die unglaublich gute Dialoge
schreiben kann und sehr viel Power hatte. Bin sehr gespannt.
Ich spiele ?Elektra? an der Schaubühne. Nächstes
Jahr sind zwei Theaterstücke ? eins mit Peter Zadek ? und
ein Kinofilm geplant, ich hoffe, das alles klappt.
Sind neue Projekte mit Ihrem Mann Ulrich Mühe oder
mit dem Regisseur Michael Haneke geplant?
Mit Ulrich Mühe ist zurzeit beruflich nichts geplant. Mit
Michael Haneke schon.
Das Interview führte Sabine Weiss / Quelle: NDR-Pressemappe