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Interview zu "Das Ende des Schweigens"
Interview mit Buddy Giovinazzo
?Die Chemie zwischen Klaus Borowski
und Frieda Jung erinnert mich an eine
altmodische Liebesgeschichte aus dem
Hollywood der Vierzigerjahre.?
Bild: Angelika Zettl/BR |
Zu Ihren Arbeiten in Deutschland gehören Filme der
Krimireihen ?Polizeiruf 110? und ?Wilsberg? sowie ein
?Tatort? (WDR).Wie sind Sie an diesen NDR-?Tatort?
herangegangen?
Die entscheidende Frage ist für mich immer, ob mich die
Besetzung reizt, danach kommt die Auseinandersetzung
mit dem Drehbuch.Axel Milberg und Maren Eggert finde
ich klasse. Ich habe Axel Milberg vor fünf oder sechs Jahren
in München kennen gelernt. Er sagte, mein ?Polizeiruf 110:
Tiefe Wunden? mit Edgar Selge habe ihm sehr gut gefallen
und er schlug vor, dass wir auch mal zusammen arbeiten.
Ich hatte bereits vor ein paar Jahren das Angebot, einen
Kieler ?Tatort? zu inszenieren, konnte es aber aus Zeitgründen
nicht annehmen. Ich war jedoch immer im Kontakt
mit der Producerin Martina Mouchot ? und jetzt hat es
endlich geklappt!
Was unterscheidet dieses Team von anderen Kommissaren,
was zeichnet es besonders aus?
Die Chemie zwischen Klaus Borowski und Frieda Jung
erinnert mich an eine altmodische Liebesgeschichte aus
dem Hollywood der Vierzigerjahre ? wie zum beispiel
mit Humphrey Bogart und Lauren Bacall. Es gibt eine
starke sexuelle Spannung zwischen den beiden, die Begierde
ist bei ihnen aber stärker als das Ziel.Axel Milberg
ist einer der besten Schauspieler, mit denen ich gearbeitet
habe. Er hat einen großen Instinkt, sein Sinn für Humor
ist wunderbar dezent und entspricht mir sehr. Ich habe
ihm gesagt, Klaus Borowski ist ein Gentleman. Er würde
beispielsweise nie eine Frau anschreien. Die Frau hat
immer das letzte Wort.Wir haben also diesen Kriminalhauptkommissar,
der alles unter Kontrolle hat, aber
wenn er sich mit Frauen auseinander setzt, verliert er
jedes Mal ? das ist bei Frieda Jung so,bei Cora Rohwedder,
bei Maxi Rohwedder und auch bei seiner Tochter Carla.
Das finde ich charmant und interessant, denn er muss
nicht alles gewinnen.
Maren Eggert ist als Schauspielerin ein zeitloser Typ. Sie
könnte in den Dreißigerjahren leben, in den Siebzigern oder
eben heute. Sie könnte alles spielen. Das finde ich klasse.
Auch Kommissar Borowskis Chef Roland Schladitz,
gespielt von Thomas Kügel, spielt in diesem Film wieder
eine größere Rolle.
Thomas Kügel war fantastisch, er war selbst in technisch
schwierigen Szenen fast jedes Mal perfekt. Dabei ist diese
Rolle für einen Schauspieler kompliziert. Es wäre sehr
einfach,Roland Schladitz unsympathisch zu gestalten. Ich
wollte aber nicht, dass er ein harter, idiotischer Chef ist.
Deshalb habe ich zu Thomas Kügel gesagt,Roland Schladitz
ist ein cooler Typ, er will nicht der Böse sein.Thomas Kügel
hat das komplett verstanden, er war toll.
In ?Das Ende des Schweigens? taucht erstmals wieder
Carla auf,die Tochter von Klaus Borowski, die eigentlich
bei ihrer Mutter lebt.War es schwierig, diese Figur wieder
einzubinden?
Nein.Carla ist in diesem Film der Gegenentwurf zu Maxie
Rohwedder.Axel Milberg und ich waren uns einig, dass
Borowski im Umgang mit Maxie Rohwedder immer das
Gefühl hat, sie könnte seine Tochter sein. Deshalb ist er
besonders sensibel, wenn er mit Maxie umgeht. Die Familienszenen
zwischen Carla und Klaus Borowski waren
auch sehr wichtig,weil sie humorvoll sind und eine andere
Facette des Kommissars zeigen. Man spürt, dass es zwischen
ihm und seiner jugendlichen Tochter eine Lücke
gibt, die wächst, je älter sie wird. Das sieht man auch in der
Szene, in der Borowski das Abendessen vorbereitet: Er
gestaltet mit Gurken und Tomaten ein süßes Spiegelei
gesicht und sie hört im Kinderzimmer harten Rap.
Neben der Familientragödie, die sich in diesem Film langsam
aufblättert, gibt es immer wieder Szenen, die mit
einem Augenzwinkern erzählt werden, wie es auch bei
?Wilsberg? und Ihrem ?Tatort? mit Jan Josef Liefers und
Axel Prahl der Fall war. Liegt Ihnen diese Balance zwischen
dramatischen und humorvollen Szenen?
Es ist immer kompliziert, diese Balance zu finden. Mit
Schauspielern wie Axel Milberg oder Jan Josef Liefers ist
es jedoch leicht, weil sie selbst ein großes Gespür dafür
haben und als Schauspieler sehr ernsthaft sind.
Im Gegensatz zu Ihrem letzten ?Polizeiruf 110:Modus
Operandi?, der eher blutig war, spielt Gewalt in ?Das Ende
des Schweigens? eine untergeordnete Rolle.
Ich musste für ?Polizeiruf 110: Modus Operandi? viel Kritik
einstecken. Einige Kritiker schrieben, ich sei ein Splatter-
Regisseur. Das finde ich beleidigend. Ich bin kein Splatter-
Regisseur. Ich gehe immer von der Notwendigkeit der
Geschichte aus, und in dem ?Polizeiruf? ging es nun mal
um einen Serienmörder, der brutal zuschlägt.Gewalt ist
für mich keine Unterhaltung. Ich mag die komische Gewalt
wie z. B. in Tarantino-Filmen nicht. Ich bin New Yorker ? ich
habe in meinem Leben Gewalt erlebt; das war für mich immer
schockierend, ich war traumatisiert.Wenn es Gewalt
in einem Film gibt, muss sie hart und schockierend sein,
genau so, wie sie in der Realität auch ist. In ?Das Ende des
Schweigens? gibt es so gut wie keine Gewalt, sogar der
Selbstmord ist friedlich.Auch deshalb war dieser Film für
mich perfekt nach dem ?Polizeiruf 110: Modus Operandi?.
In Ihren Filmen wie ?No Way Home? spielen Familien
oder familiäre Bindungen eine große Rolle.Auch in ?Das
Ende des Schweigens? wird das Verhältnis der Eltern zu
ihren Kindern auf jeder Handlungsebene thematisiert.
Ist die Familie ein wichtiges Thema für Sie?
Ja. Für mich dreht sich alles um Familienthemen oder
Liebesgeschichten, die reinen Krimielemente finde ich nicht
so interessant. Im Krimi haben wir alles schon gesehen.
Es gibt einen Mord, es gibt einen Hauptkommissar, der ermittelt,
das ist relativ einfach und langweilig. Für mich sind
es die persönlichen Elemente, die einen Film ausmachen.
Was für einen Akzent wollten Sie in ?Das Ende des
Schweigens? setzen?
In dieser Geschichte ist aus meiner Sicht jeder ein Opfer.
Meistens weiß man in einem Krimi schon nach den ersten
zehn Minuten, wer der Schuldige ist. Hier nicht. Hier gibt
es keinen Bösen.
Ihre Inszenierung ist sehr klar, es gibt wenig Musik.
Dieser Film ist fast wie ein Kammerspiel oder ein Theaterstück.
Ich wollte den Zuschauer nicht durch Musik manipulieren.
Und ich wollte auf keinen Fall vom Spiel der Schauspieler
ablenken.Wenn man so eine großartige Besetzung
hat, muss man die Schauspieler mit allen Mitteln unterstützen.
Gerade Susanne Lothar ist fantastisch. Ich hatte
mit ihr noch nie gearbeitet und bin absolut begeistert!
Auch mit Thomas Heinze hatten Sie noch nie einen Film
gedreht.
Wir wollten vor einigen Jahren einen Film zusammen
machen, aber es hat damals nicht geklappt.Wir waren aber
seitdem immer in Kontakt.Thomas Heinze ist bekannt
für komödiantische Rollen, für leichte Unterhaltung. Mich
interessiert es jedoch, Schauspieler auch mal gegen den
Strich zu besetzen. Ich dachte, er ist so ein toller Schauspieler,
die Rolle des Claes Möller wäre perfekt für ihn. Es
war eine sehr gute Zusammenarbeit.Thomas Heinze ist
ja fast Amerikaner. Genau genommen ist er wie ein
Amerikaner für mich, denn dann, wenn er englisch mit
mir spricht, ist er ein komplett anderer Typ.
Maxie Rohwedder ist eine anspruchsvolle Rolle mit vielen
emotionalen Ausbrüchen.Wie sind Sie an die Besetzung
dieser Figur herangegangen?
Diese Rolle war am schwierigsten zu besetzen. Die Casterin
Esther Klostermann und ich haben uns sehr viele Schauspielerinnen
angesehen. Anna Brüggemann war für
mich eine große Überraschung, sie hat eine erstaunliche
schauspielerische Reife.
In der deutschen Krimilandschaft haben Sie sich mit
diesem Film ganz in den Norden hochgearbeitet.Was für
eine Erfahrung war es, in Kiel zu drehen? Wie wollten
Sie Kiel zeigen?
Es war wunderbar, in Kiel zu drehen. Kiel ist für mich wie
das Dorf in ?Der weiße Hai?: Es ist ein Planet für sich. Kiel ist
angenehm, es ist überschaubar und sehr offen. Ich mag das
Meer, die Schiffe.Auf Plattdeutsch verstehe ich allerdings
kein Wort ? das ist eine Fremdsprache für mich (lacht). Die
kleineren Städte in Deutschland, wie Kiel oder Münster,
gefallen mir überhaupt sehr gut ? vielleicht gerade, weil ich
ein Großstadttyp aus New York bin, der in Berlin lebt.
Derzeit bereiten Sie in Los Angeles die Verfilmung Ihres
Romans ?Life is hot in Cracktown? vor. Bleiben Sie trotzdem
Berlin treu?
Absolut. Berlin ist meine Wahl-Heimat. Ich vermisse in Los
Angeles das reale Leben, wie ich es aus Berlin kenne ? es
gibt keine Realität hier.
Woran werden Sie als nächstes arbeiten? An der Verfilmung
Ihres Romans ?Potsdamer Platz??
Nein,?Potsdamer Platz? wird von dem Regisseur Tony
Scott verfilmt, ich habe nur das Drehbuch geschrieben. Der
Film soll vielleicht 2007 gedreht werden, vielleicht aber
auch nicht ? es ist eben Hollywood. Ich inszeniere ab Anfang
2007 ?Life is hot in Cracktown? in Los Angeles als
Low-Budget-Produktion ? mit einem kleineren Budget, als
es ein ?Tatort? hat. Im Frühling komme ich zurück nach
Deutschland. Ich habe bereits Angebote aus Deutschland
vorliegen und werde möglicherweise Serienepisoden und
wieder einen Film aus einer Krimireihe inszenieren.
Das Interview führte Sabine Weiss / Quelle: NDR-Pressemappe
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Bild: SWR/Schweigert |
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 DATEN BIENZLE UND SEIN SCHWERSTER FALL
657. TATORT | Arbeitstitel Bienzle und die Bestie; Bienzle und das Lied vom Tod |
Drehbuch:
Felix Huby
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Regie:
Hartmut Griesmayr
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Erstsendung:
25.02.2007
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Produktions- sender:
Südwestrundfunk (SWR)
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Sendelänge:
88:23
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Bildformat:
16:9
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Drehtermin:
10.03.2005 - 08.04.2005
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Drehort:
Stuttgart, Karlsruhe und Baden-Baden
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Produktionsfirma:
Maran Film
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Redaktion:
Brigitte Dithard
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Position Rangliste:
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Bisherige Wiederholungen:
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Einschaltquote/MA:
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Inhalt:
Als die elfjährige Elena Hagen nach zwei Tagen fieberhafter polizeilicher Suche
ermordet im Wald gefunden wird, trägt sie andere Kleider als bei ihrem Verschwinden.
Für die verzweifelten Eltern macht dieses Detail keinen Unterschied, die Polizei jedoch
erinnert es an einen nicht aufgeklärten Fall aus dem Vorjahr. Auch die kleine Christine
Meinhold wurde in fremden Kleidern aufgefunden, nachdem sie entführt, missbraucht
und schließlich getötet worden war. Der damalige Soko-Leiter, Hartwin Grossmann, war
felsenfest davon überzeugt, im jungen Kai Anschütz den Täter gefunden zu haben.
Doch Grossmann hatte zwar Indizien, aber keine Beweise. Als er Anschütz mit Gewalt
zu einem Geständnis bewegen wollte, kostete es ihn den Job. Nun steht, kaum hat
Bienzle mit den Mordermittlungen begonnen, Hartwin Grossmann vor ihm und bedrängt
ihn, Kai Anschütz sofort festzunehmen. Doch Bienzle denkt überhaupt nicht daran, sich
Grossmanns Vorurteil zu eigen zu machen. Erst als sich weitere Parallelen zum Fall
Meinhold finden, lädt Bienzle Anschütz zum Verhör. Und lässt ihn wieder gehen, denn
Anschütz kann ein Alibi vorweisen.
Für Bienzle weisen die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Fällen viel eher auf den
Musiklehrer Ronald Madlung, der auch die Theatergruppe der Schule leitet. Beide
musisch begabten Mädchen hatten engen Kontakt zu ihm. Bienzle lässt Madlung
beobachten.
Während die Ermittlungen nur stockend weiterkommen, nutzt Grossmann die
allgemeine Aufmerksamkeit, um Anschütz als Verdächtigen auch öffentlich
herauszustellen, und erhöht damit den Druck auf Bienzle. Dass Anschütz wegen
sexueller Belästigung einer Kollegin eine Bewährungsstrafe verbüßt, spricht gegen ihn.
Sein Bewährungshelfer Gunter Heinze ist verunsichert, hat aber keine Anhaltspunkte
dafür, dass Anschütz in den neuen Fall verwickelt ist.
Als Musiklehrer Madlung, von der Polizei beobachtet, ein junges Mädchen in seine
Wohnung führt, löst Bienzle einen Großeinsatz der Einsatzkräfte aus. Doch die
Klavierstunde erweist sich als harmlos und Bienzle ist keinen Schritt weiter als vorher.
Dann verschwindet erneut ein elfjähriges Mädchen. Fieberhaft wird nach der kleinen
Ulrike Weber gesucht. Die Wellen schlagen hoch und selbst in seinem eigenen Team
muss Bienzle Objektivität gegenüber Anschütz einfordern, weil der junge Mann so
manchem in der Soko der wahrscheinlichste Täter zu sein scheint. Bienzle allerdings
geht es nicht nur um das korrekte Vorgehen, er hält Anschütz außerdem für unschuldig.
Doch seine Haltung gerät ins Wanken, als an der Tasche des verschwundenen
Mädchens Haare gefunden werden, die eindeutig von Anschütz stammen. Während
Gächter die Fahndung nach Anschütz einleitet und Grossmann triumphiert, fühlt Bienzle
sich vor Selbstzweifeln wie gelähmt. Hat er aus Opposition gegen Grossmanns
Vorverurteilung Verdachtsmomente übersehen und eine rechtzeitige Ermittlung gegen
Kai Anschütz nicht zugelassen? Und damit womöglich das Leben der kleinen Ulrike
Weber gefährdet?
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