Kriminalhauptkommissarin Hanne Wiegand ist Anfang bis Mitte Vierzig, geschieden und lebt allein in einer Dachwohnung. Sie sitzt auch spät abends noch im Büro, ein wirkliches Privatleben hat sie nicht. Man kann geradezu darauf wetten, dass - immer, wenn sie sich etwas zu Essen macht - das Telefon klingelt und sie zu einem Einsatz muss.
In der Mordkommission in Baden-Baden, Freiburg, Mainz und Karlsruhe ermittelt sie, hat ständig andere Assistenten, mit denen sich die Zusammenarbeit nicht immer einfach gestaltet. Da kann es schon einmal vorkommen, dass sie einen Papierkorb quer durch das Büro kickt, wenn der Kollege - statt gemeinsam einen Fall zu lösen - lieber die persönliche Rivalität pflegt.
Eigentlich ist Hanne Wiegand sehr zurückhaltend, spricht manches Mal laut beim Nachdenken, verbiegt Unmengen von Büroklammern und wartet geduldig darauf, dass die Verdächtigen reden. Meistens führt sie die Verhöre und Befragungen in den Wohnungen der Betreffenden durch, weil sie der Meinung ist, dass das häusliche Umfeld "unendlich viel" über die Bewohner erzählt und ständig vergisst sie dort, wie an anderen Orten, ihren Regenschirm. Sie kümmert sich nicht um Vorschriften, geht ganz oft ihre eigenen Wege und ermittelt allein, auch wenn sie sich dadurch selbst in Gefahr bringt.
Die Nichtraucherin kleidet sich gerne mit einem Jackenkleid, trägt Mäntel mit riesigen Kapuzen und wirkt dann ganz zerbrechlich. Glücklich ist sie augenscheinlich nicht, sehnt sich einerseits nach einer festen Beziehung, mag es aber andererseits gar nicht, wenn jemand über sie bestimmt. Kurzzeitig hat sie einen Freund, Holger, der ist aber noch verheiratet und nennt sie "biestig", als die beiden am Telefon wieder mal nicht zusammen finden.
Hobbys hat sie augenscheinlich nicht; ist gleichwohl interessiert an moderner Architektur, Bildern des Expressionisten Marc Chagall, Lyrik von Charles Baudelaire und kennt sich in der griechischen Mythologie aus.
In andere Menschen kann sie sich gut hineinversetzen, bleibt gleichzeitig sachlich und man weiß nicht so recht, ob es nun Bewunderung oder Erschrecken ist, wenn ein Kollege feststellt, dass sie ihre Verhöre recht rücksichtslos durchführt. Die Kommissarin kann nämlich auch ganz verständnisvoll sein, hilft und kann sich sicher sein, dass die - in diesem Sinn von ihr Geschützten - dann zur Seite stehen, wenn sie selbst Unterstützung braucht.
So sanft und sensibel sie auftritt, so hartnäckig und zäh führt sie ihre Ermittlungen, greift dabei auch schon mal zu Methoden, die nicht ganz astrein sind, ist misstrauisch - auch gegenüber Vorgesetzten und vermeintlichen Autoritäten, - weil sie erfahren hat, dass in ihrem Beruf "nichts unvorstellbar" ist. (Text: Achim Neubauer)