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Oberinspektor Veigls Wegbegleiter Oswald
Auf den Dackel gekommen
Kaum ein "Markenzeichen" eines TATORT-Ermittlers war so beliebt bei den Zuschauern wie der Dackel Oswald des ersten bayerischen Ermittlers Veigl. Mit ihm teilte der Oberinspektor aus München Tisch und Bett. Und als der Dackel 1975 starb, veranstalte der Sender gar ein Dackel-Casting, um den Nachfolger zu küren. Doch zum Dackel-Comeback kam es erst 1992 - im Dresdener TATORT.
Den schwarzen Kurzhaardackel Oswald von Oberinspektor Veigl aus München schloss das TATORT-Publikum sofort in sein Herz; selbst im hohen Norden, wie Artikel norddeutscher Zeitungen belegen. Der Vierbeiner war so was wie eine kleine Attraktion am Fernseh-TATORT und machte Veigl nicht nur wegen seines Dialekts gleich zu einem Exoten im kriminellen "Länderspiegel mit Leichen". Denn kaum einer der frühen, altväterlichen TATORT-Kommissare hatte private Pendants. Schon gar nicht so einen außergewöhnlichen.
Veigl und Oswald im Präsidium. Bild: BR/Foto |
Begleiter ins Präsidium
Der bekam von seinem Herrchen auch mal ein zünftiges Bier verabreicht, alkoholisches versteht sich. Und weil der arme Hund den ganzen lieben langen Tag beim allein-lebenden Veigl sonst einsam zu Hause gewesen wäre, brachte sein Herrchen den gleich mit zur Arbeit. Versteckt in einer großen Tasche verhielt sich der Kurzhaardackel mucksmäuschenstill und wurde nur in den Büroräumen freigelassen. Es blieb trotzdem nicht aus, dass der Hund von Kollegen entdeckt wurde und im Präsidium kein gern gesehener Gast war - und so wurde er in 3:0 für Veigl endgültig aus dem Präsidium verbannt; Veigl zeigte allen, die hämisch nach Oswald fragten die verräterische Tasche, die nun ohne tierischen Inhalt blieb.
Veigl geht Gassi Bild:BR/Foto |
Dackel Oswald trinkt Bier und ist scharf auf gebratenes Schnitzel...
Fortan war Dackel Oswald nur noch zu Hause bei Veigl zu sehen, wenn er mit ihm Gassi ging oder ihn in der großen Tasche spazieren führte. Das Drehbuch wollte es, dass Veigl sich nach Feierabend die Fußball-Weltmeisterschaft 1974 im Fernsehen ansah; selbstredend bei einer gescheiten Brotzeit, abends am gemütlichen Tisch mit Eckbank. Oswald saß brav daneben und beobachtete die Szenerie, jaulte und bettelte gierig um zwei Stück Schnitzel, die sich sein Herrchen vorher gebraten hatte - und ihm nach kurzem Granteln dann auch zuwarf. Die TATORTe zeigen, wie Veigl sich den Dackel als Gesprächspartner und sogar als Ehefrau-Ersatz hielt und ihm die Zuneigung zuteil werden ließ, die jeder andere Kommissar eher (s)einer Ehefrau hätte angedeihen lassen.
...und darf selbst ins Fußballstadion mit
So saß der Hund brav am Tisch, wenn sich das Herrchen mit ihm ausgiebig unterhielt und sich um ihn sorgte. Oder - typisch Hund - Oswald bellte das ganze Haus zusammen, wenn um 5 Uhr morgens bei Veigl die Türklingel schellte. Mal machte er Männchen, fing Perücken oder begleitete artig sein Herrchen in der Tasche auf dem Weg ins Fußballstadion, um dort ein internationales WM-Fußballspiel zu verfolgen. Selbst wenn Veigl nächtens Kriminalakten wälzte, weil er nicht schlafen konnte, lag Oswald brav daneben und ließ sich zärtlich streicheln. Und auch halbkriminelle Informanten, die Veigl zu Hause besuchten, schlossen den Vierbeiner ins Herz und sprachen ihm gut zu.
Bier für den Dackel - Lenz ist skeptisch. Bild:BR/Foto |
Wie ein altes Ehepaar
Ein eheähnliches, fast zärtliches "Schläfst du schon?" oder auch ein derbes "Blöder Hund!" und alle anderen Gespräche blieben dabei stets einseitig und unerwidert, und wenn der Hund doch mal andere Zeichen gab, war der aufmerksame Veigl schnell zur Stelle und voller Sorge: Ging es dem Dackel nicht gut oder aß er nichts, überprüfte Tierhalter Veigl sachgemäß, ob die Nase des Vierbeiners trocken oder heiß war, nahm ihm dann auf dem Arm und sprach ihm gut zu, ließ ihn bei sich schlafen: "Weißt was, gehn mer ins Kerberl!"
Wo andere Kommissare den Zuschauern mit einer Frau im Arm die Tür vor der Nase zuschlugen und von der weiteren Handlung ausschlossen, machte Veigl dies mit seinem braven Dackel Oswald auf dem Arm. Und im großen Bett lagen die beiden wie ein altes Ehepaar friedlich nebeneinander.
Wie der Herr, so´s Gscherr
Der treue und loyale Hund dankte es seinem Herrchen, indem dieser ihm bei der Überführung von Verbrechern half, ganz zufällig natürlich. Während der Ermittlungen beim Eisessen nahe dem Münchner Olympiapark in 3:0 für Veigl kann Oswald - der natürlich ein ebenso feines Näschen für Kriminelle hat wie sein Herrchen - den flüchtigen Strafgefangenen Strasser dingfest machen: Oswald beisst dem von Klaus Löwitsch gespielten Verbrecher ins Bein und lenkt ihn ab, so dass Veigl die Möglichkeit hat, Strasser zu stellen. Das war wohlgemerkt nicht von Anfang an so - in der ersten Folge Münchner Kindl schien Veigl es noch zu bedauern, dass Oswald kein ausgebildeter Polizeihund sei - und hielt ihm dies grantelnd vor.
Veigl wird 1992 für zwei Folgen der Dienststellenleiter "aus dem Westen". Auch der Dackel ist mit von der Partie. Bild:MDR |
Bayerischer Rundfunk startet Casting für Dackel
1975 starb der TV-Dackel allerdings und Oberinspektor Veigl brauchte einen neuen für die TATORT-Auftritte. Kurzum rief der Bayerische Rundfunk, der Produktionssender der Veigl-TATORTe, ein großes Casting für Dackel aus. Im September 1975 sollte die Nachfolge des vierbeinigen TV-Stars geregelt werden. Es folgten öffentliche Appelle in Münchner Tageszeitungen. Es meldeten sich viele Hundebesitzer beim Fernsehen, weit über 200.
Resultat: eine Vorauswahl aus rund 80 Dackeln wurde mitsamt Herrchen und Frauchen in die BR-Studios in München-Freimann geladen. Dort wollte der Sender einen "Scheinwerfertest" mit den kleinen Vierbeinern absolvieren und die Nachfolge klären. Allerdings hat Veigl in den späteren Folgen doch keinen Dackel mehr bekommen; hier stellt sich die Frage, ob - und wenn ja - warum kein geeigneter Dackel-Nachfolger eingesetzt wurde.
Comeback in Dresden
Ein Comeback konnte der TV-Dackel als Markenzeichen des grantigen Oberinspektor Veigl dann Anfang der 90er Jahre feiern. Als beim Mitteldeutschen Rundfunk 1991 der erste TATORT mit Kommissar Ehrlicher installiert wurde und für die beiden ersten Folgen der Oberinspektor Veigl a.D. seinem neuen Kollegen Ehrlicher helfen sollte, wurde auch der Dackel wieder eingeführt. Die Tatsache, dass West-Beamten zu der Zeit auch real den neuen "Ost"-Kollegen halfen, sollte sich auch im TATORT niederschlagen.
TATORT-Produzent und Ehrlicher-"Erfinder" Hans-Werner Honert kam auf die Idee, Bayrhammer zu engagieren. Der lud Honert nach München ein, kochte ihm einen Fisch und besiegelte den Mini-Einsatz für zwei Folgen mit ihm. Wie Honert in der WDR-Hörfunksendung "Funkhaus Wallraffplatz" zum 30. Jubiläum der Kriminalreihe TATORT erzählte, war es der ausgesprochene Wunsch des Veigl-Darstellers Gustl Bayrhammer, dass Honert ihm für diesen kleinen Auftritt auch "ein paar Dackel" besorgt. Dieser Dackel, so berichtet Honert, habe Bayrhammer sogar viel besser gefallen als der "Oswald"-Dackel damals.
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